Corona als Innovationstreiber?

Untersuchung der digitalisierten Prozesse und Arbeitsweisen in der öffentlichen Verwaltung während der Pandemie
Niklas Korte · Tobias Brandt

2024 | NEGZ-Kurzstudie 32

DOI 10.30418/2626-6032.2024.32


Die Pandemie stellte eine Ausnahmesituation für die öffentlichen Verwaltungen dar, die schnelle Reaktionen und ständige Anpassungen an neue Rahmenbedingungen erforderten. Im Gegensatz zu bisher linearen Entwicklungen wurden während der Pandemie sprunghafte Innovationen und Transformationen durch Disruptionen beobachtet, die durch die pandemiebedingt veränderten Rahmenbedingungen ermöglicht wurden. Interne Transformationsbemühungen und radikale Veränderungen waren zuvor an organisatorischer Trägheit und bürokratischen Strukturen gescheitert. Während der Pandemie gelang es den Organisationen, diese Trägheit zu überwinden. Wir identifizieren drei Schlüsselaspekte, wie diese Trägheit überwunden und das beschleunigte digitale Transformationsverhalten von Verwaltungen während der Pandemie ermöglicht wurden: gezielte Ressourcenallokation, Fokus auf interdisziplinäre Zusammenarbeit und Entwicklung einer Lernkultur​.

Die Einrichtung eines Krisenstabs führte zu einer organisationsweiten Fokussierung auf die Pandemiebewältigung. Hierbei wurden die Kapazitäten der Querschnittsämter gezielt auf das Gesundheitsamt konzentriert. Anstatt wie üblich gleichmäßig inkrementelle Innovationsprojekte in allen Organisationseinheiten durchzuführen, wurde durch die Priorisierung auf das Gesundheitsamt eine kritische Menge paralleler oder in kurzer zeitlicher Abfolge gestaffelter Innovationsprozesse in Gang gebracht. Durch diese veränderte Ressourcenallokation wurde die organisatorische Trägheit überwunden.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Krisenstab ermöglichte einen ganzheitlichen Ansatz zur Problemlösung, bei dem alle Beteiligten ihre individuellen Bedürfnisse und Bedenken einbrachten. Dieser fokussierte und direkte Austausch mit allen Stakeholdern beschleunigte die Entscheidungsprozesse. Alle in die Entscheidung einbezogenen Ämter und Hierarchieebenen übernahmen gemeinsam Verantwortung für die getroffenen Maßnahmen zur Pandemiebewältigung.

Ein wesentlicher Wandel war die Etablierung einer Lern- und Fehlerkultur und die Anwendung von Methoden digitaler Start-ups, wie z.B. die Entwicklung und iterative Verbesserung von Minimum Viable Products. Dieser Ansatz ermöglichte es, schnelles und direktes Feedback zu erhalten und kontinuierliche Verbesserungen voranzutreiben. Nur durch diese unverzüglichen Anpassungs- und Lernprozesse konnten die Kommunen auf die schnell wechselnden Umstände der Pandemie reagieren​​. Diese Phasen der schnellen Veränderungen sollten so kurz wie möglich gehalten werden und von einer Phase der Stabilität abgelöst werden.

Zusammenfassend zeigt die Studie, wie die Pandemie die digitale Transformation im öffentlichen Sektor Deutschlands beschleunigte, wobei die Krise als Katalysator für Innovation und organisatorisches Lernen diente. Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass Erkenntnisse aus der Krise auch für eine Beschleunigung der digitalen Transformation in ruhigeren Zeiten eingesetzt werden können.


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